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Erfahrungsberichte

Erfahrungsbericht von Kerstin Meyer:

Müttersorgen und Teeniewünsche
 
Die Arche ist kein Kreuzfahrtschiff, aber mit ihr kann die Fahrt durch schwere Zeiten gelingen.
Der dreizehnjährige Simon hat es nicht leicht. Seit seiner Geburt ist er stark auf Hilfe angewiesen. Er sitzt im Rollstuhl, braucht für Vieles Unterstützung. Seine unberechenbaren epileptischen Anfälle stellen eine stete Verletzungsgefahr dar.
 
Kerstin Meyer, seine Mutter, hat es ebenfalls nicht leicht. Simons hoher Unterstützungsbedarf fordert sie permanent. Für ihren Sohn gilt keines der herkömmlichen Entwicklungs- oder Erziehungsmuster. Simon zu verstehen und zu unterstützen, ist eine besondere Fähigkeit, die sie durch ihre kontinuierliche Nähe und Liebe zu ihm entwickelt hat.
 
Simon hat gerne Spaß. Bewegung tut ihm gut. Wenn es mächtig laut wird und rappelt, dann geht er richtig mit. Und Simon hat genaue Vorstellungen, was er so am liebsten hat. Das betrifft zum Beispiel das Essen und das Trinken. Simon ist in der Pubertät. Er gibt deutlich zu verstehen, wenn ihm etwas nicht passt.
 
Kerstin Meyer braucht Unterstützung. Nicht wegen der Lautstärke und der Pubertät. Nach dreizehn Jahren mit Simon ist es jetzt einfach an der Zeit, etwas mehr für sich zu tun. Ihr jugendlicher Sohn ist auf dem Weg zum Erwachsenwerden. Er kann auch mal ohne sie sein, sich in andere Umgebungen eingewöhnen und die Möglichkeiten und Regeln einer Einrichtung wie die der Arche Noah kennenlernen.
 
Kerstin Meyer: „Simon war schon einige Male tageweise mit der Schule und den Großeltern unterwegs. Da hatte er aber immer vertraute Gesichter um sich. Die Situation in der Arche war jetzt etwas ganz Neues für ihn – und auch für mich. Es ist mir schwer gefallen. Die nette Art der Menschen dort und die gute Ausstattung in der Arche haben es mir erleichtert. Aber es bleibt zu Beginn immer ein ungutes Gefühl. Bekommt Simon alles so wie er es braucht? Benimmt er sich vernünftig? Keine Mutter macht diesen Schritt ohne Sorgen.“
 
Anja Dörner, Bereichsleitung der Arche, kennt diese mulmige Gefühl gut: „Zwischen den Müttern und Kindern der Arche entwickelt sich eine ganz besonders enge Beziehung. Gerade weil ihre Kinder so wenig den Normen entsprechen, sind sie die einzigen Experten mit diesem Spezialwissen. Niemand sonst hat das. Aber genau das macht auch das Abgeben so schwierig. Es dauert einfach eine gewisse Zeit bis sich Vertrauen und Gelassenheit entwickeln können. Miteinander zu reden ist dabei das Wichtigste. Erfahrungen auszutauschen und über Erwartungen zu sprechen, ist für uns in der Zusammenarbeit mit den Eltern das A und O. Und es ist schön, wenn wir uns gegenseitig einen Vertrauensvorschuss einräumen. Zusammen mit den Eltern suchen wir nach den besten Bedingungen für ihr Kind. Für die Eltern wollen wir Entlastung sein, für das Kind einen Urlaub vom Alltag bieten und – falls möglich – Entwicklungen voranbringen.“


 
Die Zeiten, in denen Simon in der Arche ist, tun Kerstin Meyer gut. „Ich habe dann mal die Möglichkeit, eine Zeit lang ganz anders zu leben. Mit mehr Spontaneität. Als Beispiel: Es ist ein Genuss, abends einfach mal raus gehen zu können ohne das alles schon zwei Wochen vorher organisieren zu müssen. Die Zeit, in der Simon in der Arche ist, gibt mir die Möglichkeit, Luft zu holen und die Batterien zu laden.“
 
Simon ist in der Arche insbesondere an den Bewegungsangeboten interessiert. Das Rollstuhltrampolin und die Rollstuhlschaukel sind seine Favoriten. Aber auch die Möglichkeiten im Bewegungs- und Snoezelenraum mag er.
 
Einiges läuft für ihn anders als zu Hause.  In der Arche steht er nicht immer im Mittelpunkt. Alle sollen hier zu ihrem Recht kommen. Da muss er auch mal zurückstecken und sich neuen Regeln anpassen. Das fällt ihm nicht immer ganz leicht. Aber er war ja auch noch nicht so oft da. Das wird sich gut entwickeln.Für Kerstin Meyer stehen in der Arche noch viele Möglichkeiten offen. In den Elternkreis im Café  Arche hat sie bereits hineingeschnuppert.  Sie hat auch schon zusammen mit den Pflegenden Ideen entwickelt, was vielleicht für Simon im Alltag noch sinnvoll sein könnte. Kerstin Meyer: „Bei allem, was wir zusammen für Simon verbessern oder erreichen wollen und können, muss ich sagen, es ist mir sehr wichtig, dass wir immer auch die vielen positiven Seiten von Simon sehen. Oftmals reden wir alle viel zu lange über Defizite und vergessen, uns zusammen über Erreichtes und über Simons Stärken zu freuen!“
 
Anja Dörner: „Für uns ist der Austausch mit den Eltern das Wichtigste. Mit Kerstin Meyer haben wir dafür eine ideale Partnerin. Wir reden seit Beginn über unsere Eindrücke und Gedanken. Wir lernen voneinander und jeder trägt mit seinem Expertenwissen dazu bei, Simon in jeglicher Weise zu unterstützen.“